14.05.2012 – Rechtskräftig verurteilter Neonazi übernimmt NPD-Vorsitz in Thüringen.
Mit freundlicher Genehmigung des Autors, zuerst unter BnR – Blick nach Rechts erschienen.
Auf seinem Landesparteitag am Samstag hat der NPD-Landesverband Thüringen einen neuen Vorstand gewählt. Vorausgegangen war dem Treffen ein juristisches Tauziehen um den Ort der Veranstaltung. Kurz vorher hatte das Oberverwaltungsgericht Weimar eine erstinstanzliche Entscheidung kassiert, die der NPD erlaubt hatte, den Parteitag in einem Gemeindesaal im Weimarer Land abzuhalten. In Haselbach im Landkreis Sonnenberg mietete die Partei daraufhin kurzfristig das Kulturhaus an und führte dort ihren Parteitag mit dem Motto „Gemeinsam. Entschlossen. Erfolgreich“ durch.
Bereits vor vier Wochen hatte der bisherige Vorsitzende Frank Schwerdt „aus persönlichen Gründen“ seinen Verzicht auf eine weitere Amtszeit erklärt. Die NPD kündigte daraufhin „wesentliche personelle Veränderungen“ an. Erwartungsgemäß wurde der 31-jährige Neonazi Patrick Wieschke als einziger Kandidat zum neuen Vorsitzenden gewählt. In den 90er Jahren führte Wieschke die Sektion Eisenach in dem thüringischen Neonazi-Zusammenschluss „Thüringer Heimatschutz“ (THS) und musste wegen Anstiftung zu einem Sprengstoffanschlag auf einen Döner-Imbiss eine Haftstrafe antreten.
„Rock für Deutschland“-Organisator als Stellvertreter
Nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis begann der einst „aktivste Neonazi Thüringens“ (Verfassungsschutz) seine Parteikarriere in der NPD: neben dem stellvertretenden Vorsitz des Kreisverbands Wartburgkreis und Fraktionsvorsitz im Stadtrat Eisenach wurde Wieschke in den Landesvorstand gewählt und gehört seit dem vergangenen Jahr auch dem NPD-Bundesvorstand an.
Zu Wieschkes Stellvertretern im thüringischen Landesvorstand wurden der Organisator des Rechtsrock-Events „Rock für Deutschland“, Gordon Richter, und der mehrfach verurteilte Neonazi Thorsten Heise gewählt. Ferner gehören dem insgesamt zehnköpfigen Vorstand als Beisitzer an: Roy Elbert aus Nordhausen, das ehemalige Mitglied der Kameradschaft Bad-Salzungen, Hendrik Heller, der Aktivist der „Gesellschaft für freie Publizistik“, Tobias Kammler, Jan Morgenroth, Vorsitzender des NPD-Kreisverbandes Weimar/Weimarer Land, der langjährige „Anti-Antifa“-Fotograf Sebastian Reiche und der Betreiber des Germania-Versandes, Patrick Weber aus Sondershausen. Die einzige Frau in der Männer-Riege des neuen Vorstandes ist Monique Möller aus dem Unstrut-Hainich Kreis.
Medienvertreter ausdrücklich willkommen geheißen
Im Vorfeld des Parteitages am 12. Mai hatte sich der amtierende Landesgeschäftsführer Wieschke ungewöhnlich offen präsentiert und Medienvertreter ausdrücklich eingeladen und willkommen geheißen. Die NPD im Geburtsland des „Nationalsozialistischen Untergrund“ (NSU) ist verzweifelt bemüht, sich öffentlich von dem rechtsterroristischen Netz zu distanzieren. Dabei gehörte Wieschke als Mitglied des THS seinerzeit selbst zum Umfeld der Neonazi-Gruppe aus dem Untergrund. Auch seine Vorstrafe ist in den Kreisen rechtsextremer Parteien nicht außergewöhnlich: immerhin sind zehn der 23 Mandatsträger der extremen Rechten in dem Bundesland in 29 Fällen rechtskräftig verurteilt.
Ob der neue Landesvorstand dem von der Bundes-NPD ausgegebenen Motto der „seriösen Radikalität“ genügen kann, darf bezweifelt werden. Auch der von den thüringischen Neonazis herbeigesehnte Sprung in den Landtag im Herbst 2014 ist fraglich. Bereits im Landtagswahlkampf 2009 hatte sich die Partei mit einer Materialschlacht fast verausgabt, die Wahlkampfkosten wurden auf mehr als 160.000 Euro geschätzt. Mit 4,3 Prozent stand am Wahlabend zwar das beste Landtagswahlergebnis der NPD in Thüringen fest, für den Einzug in den Landtag reichte es aber nicht.